Netzwerk Saubere Energie München

Kein neues Erdgaskraftwerk durch die Hintertür!

Aktion gegen die dauerhafte Umstellung des Kohleblocks im HKW Nord auf Erdgas

Eine kleine, aber energische Menge an Aktiven hat sich letzten Freitag, 25.02. um 10 Uhr morgens in Unterföhrig versammelt, zu Füßen des Heizkraftwerks (HKW) Nord der Münchner Stadtwerke. Dieser Standort ist für uns nicht neu: Schon im letzten Jahr haben wir hier gegen die Pläne der SWM demonstriert, ein neues Gaskraftwerk (die sog. „GuD3“) in Unterföhring zu bauen. Obwohl diese Pläne mittlerweile wohl vom Tisch sind, können wir uns nicht zurücklehnen: Die SWM planen nun, den Kohleblock dauerhaft auf Erdgas umzurüsten – was einem neuen Erdgaskraftwerk im Gewand des Kohleblocks gleichkäme, das dann aber nicht mit dem Kohleausstieg zeitnah abgeschaltet, sondern voraussichtlich noch 25, 30 Jahre weiterlaufen würde. 

Das wäre eine Katastrophe für Münchens Klimabilanz!

Mit unserem Aktionsbild haben wir diese Katastrophe nachgestellt: Eine Person ganz in Gelb symbolisiert das Erdgas, eine Person ganz in Schwarz die Kohle, die das HKW Nord verlassen soll. Schwarze Luftballons (übrigens natürlich biologisch abbaubar!) stellen ihren jeweiligen CO2-Ausstoß dar – eine ausgehängte Türe zeigt die Vorgehensweise der SWM: Versteckt, verschleiert, eben durch die Hintertür jubeln sie Bürger*innen aus Unterföhring wie München eben doch ein neues Erdgaskraftwerk unter.

Presseecho

Radio Lora, 24.02.2022Münchner Merkur, 25.02.2022

Ihr konntet nicht dabei sein?

Hier die bewegende Rede von Marita Matschke (Fossil Free und NeSEM), mit allen wichtigen Infos im Transkript:

Gemeinsam mit vielen anderen Organisationen und Vertretern des Netzwerks Saubere Energie München müssen wir heute einmal mehr hier in Unterföhring gegen die Pläne der Stadtwerke München protestieren. Wir sagen: Kein neues Erdgaskraftwerk durch die Hintertür!

Es ist knapp ein Jahr her, da fand ebenfalls vor dem Heizkraftwerk Nord eine Aktion gegen das damals von den SWM geplante neue fossile Erdgaskraftwerk GuD3 statt. Dieses konnte erfreulicherweise verhindert werden. Doch nun planen die Stadtwerke das Erdgasgroßkraftwerk durch die Hintertür. Es heißt jetzt nur anders. Es heißt jetzt „Umstellung“. „Umstellung des Kohleblocks auf Erdgasbetrieb“. Fossil raus, fossil rein. Aus 6,8 Mio t CO2-Emissionen bei Kohle werden 22 Mio t CO2-Emissionen bei Erdgas. Die Pläne sind also noch umwelt- und klimaschädlicher als der Status quo:

Sie verhindern die Energiewende in München. Sie widersprechen komplett dem Pariser Klimaabkommen und dem Münchner Stadtratsbeschluss, bis 2035 klimaneutral zu werden. Und sie werfen noch mehr Fragen auf. Zur Erinnerung:

2017 war der Bürgerentscheid „Raus aus der Steinkohle“ erfolgreich und damit rechtskräftig: die Verbrennung der Kohle im HKW Nord sollte bis Ende 2022 beendet werden. Zurzeit fährt der Kohleblock in reduzierter Teillast mit ca. 45%. Der Stadtrat beschloss 2019, diesen Block deutlich vor 2028 stillzulegen. 

2020 dann die katastrophale Nachricht: Die Stadtwerke reichten Genehmigungsunterlagen für ein neues fossiles Erdgasgroßkraftwerk ein, die sog. GuD 3. Erst nach Fertigstellung würde der Kohleblock stillgelegt. Damit wären allerdings keinerlei Emissionen verhindert, sondern im Gegenteil, die Gesamtemissionen massiv erhöht worden. Nach unseren Berechnungen würde ein solches Kraftwerk bei üblicher Betriebsdauer von 30 oder mehr Jahren um die 22 Mio t. CO2 ausstoßen, dreimal so viel wie die Restemissionen aus dem Kohleblock, der ja in absehbarer Zeit stillgelegt werden muss. Außerdem lag für diese GuD 3 kein Baurecht vor, der Unterföhringer Gemeinderat lehnte das Vorhaben einhellig ab. Bei der Regierung von Oberbayern wurden zahlreiche Bedenken von Trägern öffentlicher Belange gesammelt, auch die Klimabewegung dokumentierte umfangreiche Einwände. 

Und nun die neueste Wendung: In der Stadtratsvorlage des Wirtschaftsausschusses in München vom 7. Dezember des letzten Jahres heißt es: „Da die Gemeinde Unterföhring eine neue Anlage auf Basis fossiler Brennstoffe ablehnt, wird aktuell eine Umstellung auf Gas geprüft“.

Wir sind alarmiert: Bedeutet das das Gaskraftwerk durch die Hintertür? Was heißt hier Umstellung? Kohle raus, Gas rein? Von „Versuchsfahrten mit Erdgas“ ist die Rede und von einem „dauerhaften Erdgasbetrieb“ bereits ab der kommenden Heizperiode, also ab Oktober 2022. Ein unbefristeter Betrieb in Volllast ist geplant. Und das Ganze nun ohne offizielles Genehmigungsverfahren? Welche Umbaumaßnahmen vorgesehen sind oder bereits stattfinden – das bleibt geheim? Wie steht es um die Sicherheit? Zwischenzeitlich wurden die Anwohner in Unterföhring und München von schädlichen Ascheauswürfen während der Tests überrascht. 

Ehrlich gesagt, wir sind fassungslos. Die Münchner Zivilgesellschaft hat sich in einem mehrseitigen Brief, den wir mit dieser Aktion auch für Presse und Allgemeinheit öffentlich machen, an Oberbürgermeister Reiter und die Stadtratsfraktionen gewandt und 10 ausführliche Fragen gestellt – bisher erhielten wir keine Antwort. Nur einige Beispiele:

Das HKW Nord 2 wurde ursprünglich als Abfallbeseitigungsanlage genehmigt – Sind die jetzigen technischen Umbauten und der geplante Regelbetrieb mit Erdgas überhaupt zulässig? Warum werden Gutachten zu den Erdgasversuchen nicht veröffentlicht? Warum wird kein technisches Gutachten bei SWM-unabhängigen Fachleuten eingeholt? Warum werden die Tests und Umbaumaßnahmen bei der Genehmigungsbehörde nicht offiziell gemeldet? Welche zusätzlichen Umwelt- und Klimabelastungen entstehen? 

Wir sind empört und fordern Transparenz. Entgegen der Botschaft auf schönen Werbeplakaten sind Strom und Wärme der SWM heute noch ganz überwiegend fossil und durch ein fossiles Gaskraftwerk würde das auch künftig so bleiben. Doch gegen CO2-Emissionen hilft kein Greenwashing!

Wir Bürgerinnen und Bürger wollen kein Erdgaskraftwerk durch die Hintertür. Und von unseren Politiker*innen fordern wir, dass sie endlich die Stadtwerke zu einer klaren Abkehr von den fossilen Energien verpflichten. Sie müssen darauf bestehen, dass die SWM die bereitliegenden Alternativkonzepte mit erneuerbaren Energien umsetzen statt den fossilen Weg weiterzugehen. Auch muss endlich die überfällige Geothermiestrategie mit klaren Zielen und Zeitvorgaben verabschiedet werden. Und Energie darf nicht länger verschwendet werden.

Die Alternativen sind vorhanden. Man muss den Weg nur gehen. Wir werden nicht lockerlassen. Damit der Planet und die Menschen eine Zukunft haben.

Danke!

Anhang