Netzwerk Saubere Energie München

Nur Erneuerbare vereinbaren Sicherheit mit Klimaschutz – Deutschlandweit und in München

Die Ereignisse in der Ukraine erschüttern uns bis ins Mark, und unsere Gedanken sind in diesen Tagen bei den Menschen im Kriegsgebiet, gar keine Frage. Als Netzwerk für Saubere Energie kommen wir aber nicht umhin, uns mit der energiepolitischen Dimension des Ukraine-Kriegs zu beschäftigen. Putin hält gegen die EU einen mächtigen Gashebel in der Hand, und auch Steinkohle und Öl importieren wir aus Russland. Die jahrelange Abhängigkeit von diesen fossilen Rohstoffen hat uns erpressbar gemacht.

In Situationen wie dieser bringt es natürlich nichts, zu betonen, dass wir deutlich weniger abhängig wären von russischem Erdgas, wäre der Ausbau der Erneuerbaren Energien in den letzten 16 Jahren Unionsregierung (meist unter SPD-Beteiligung) nicht phänomenal verschleppt worden. Wir müssen jetzt in die Zukunft sehen: Und wir dürfen dabei keinen Schritt zurückgehen – wir brauchen drei Schritte voran!

Von vielen Seiten wird derzeit die Frage aufgeworfen, ob der Kohleausstieg nicht doch noch weiter nach hinten verschoben werden sollte, um uns unabhängiger von russischem Erdgas zu machen. Das passt zum einen schon mal gar nicht dazu, dass wir auch Kohle aus Russland importieren. Außerdem: Der Konflikt mit Russland hat die Klimakrise nicht beendet und auch um keinen Millimeter aufgeschoben. Vor wenigen Tagen ging der neue IPCC-Report des Weltklimarats in den Trubeln der Nachrichtenlage unter, der einmal mehr vor den katastrophalen Folgen der Erderwärmung warnt, mit noch drastischeren Worten als bisher (eine gute Zusammenfassung liefert z.B. der Tagesspiegel).

Was wir jetzt für das Klima brauchen, unabhängig von Putin und der Ukraine, ist eine massive Investition in die Zukunft der Energieversorgung, und das können nur die Erneuerbaren sein. Die müssen wir endlich und konsequent ausbauen, ohne Kompromisse, denn die Erneuerbaren sind es, die unsere Energieversorgung auch unabhängig von Gas-, Kohle- und Öllieferungen anderer Länder gewährleisten.

Klimaschutz, Versorgungssicherheit und Außenpolitik gehen in diesem Bereich Hand in Hand!

Und hier in München?

Die Debatte um die Energieversorgung wird auch auf kommunaler Ebene geführt. Die Stadtratsfraktion „CSU – Freie Wähler“ hat am 24.02.2022, noch am selben Tag, an dem Putin in die Ukraine einmarschiert ist, zwei Anträge unter den Stichworten „Versorgungssicherheit vor Klimaschutz“ in den Stadtrat eingebracht. (Man mag auch das Timing pietätlos finden, aber darüber zu urteilen überlassen wir den Leser*innen.) Verkürzt fordern CSU / FW Folgendes: 

  • Erstens: Die Anteile, die die Stadtwerke München (SWM) am Erdöl- und Erdgasunternehmen Spirit Energy besitzen, müssen unbedingt behalten werden, um die Versorgung Münchens mit Erdgas auch im Falle eines Embargos von Russland sicherzustellen (Quelle) (Erinnerung: Wir fordern seit jeher den kompletten Ausstieg der SWM aus Spirit Energy
  • Zweitens: Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, sollen Klimaschutzziele zurückstecken – und eventuell auch der Münchner Kohleblock länger als geplant betrieben werden. (Quelle)

Diese beiden Anträge der CSU/FW-Fraktion sind primär eines: Populismus und Klientelpolitik, eine schamlose Ausnutzung der Krisensituation in der Ukraine für ihre eigenen politischen Zwecke!

Warum? Darum:

  • Zu erstens: Wenn Putin die russischen Gaslieferungen reduzieren oder einstellen würde, wird uns hier in München die Beteiligung der Stadtwerke an Öl- und Gasförderung in der Nordsee nicht weiterbringen. Das im Norden geförderte Erdgas wird dort ins Netz eingespeist, wo es produziert wird – es gibt keine Leitung direkt nach München. Das Gas, das Spirit Energy produziert, spielt bei der Versorgungssicherheit der Stadt schlicht keine Rolle.
  • Zu zweitens:
    • Die Münchner Energieversorgung sollte uns möglichst unabhängig machen von Rohstoffen wie russischem Erdgas oder russischer Steinkohle im “Kohleblock” HKW Nord – und das einzige, was das wirklich gewährleisten kann, sind Erneuerbare Energien: Wind, Sonne, Geothermie, die unbegrenzt verfügbar sind und uns niemand entziehen kann. Sicherheitspolitik und Klimaschutz gehen hier Hand in Hand – CSU/FW spielen zwei Aspekte gegeneinander aus, die sich überhaupt nicht widersprechen.
    • Der Hinweis darauf, dass auch der Kohleblock länger als geplant betrieben werden soll, um Versorgungsengpässe von Strom und Wärme wegen des Ukrainekriegs vorzubeugen, ist übrigens Quatsch: Der “Kohleblock” wird sowieso noch mindestens bis 2028 laufen (ggf. bei Umrüstung auf Erdgas sogar noch länger), eine frühere Abschaltung steht nicht zur Debatte.
    • Und am Rande: Ratet mal, woher Deutschland den größten Anteil seiner Steinkohle importiert. Genau: aus Russland (Stand 2021: 45%). Das haben CSU/FW wohl vor Antragsstellung vergessen zu recherchieren.

Was wir stattdessen jetzt tun müssen: Geothermie-Ausbau in München

Wir sehen Münchens stärkstes Ausbaupotenziel im Bereich der erneuerbaren Wärme in der Geothermie. Unter München schlummert eine riesige Energiereserve, und das ist heißes Thermalwasser, das mehrere hundert Meter unter der Erde liegt. Dieses heiße Wasser kann an die Oberfläche gepumpt werden und dort klimafreundliche, erneuerbare Wärme erzeugen, die über die Leitungen des Fernwärmenetzes an die Münchner Haushalte verteilt wird. (Hier erklären die Stadtwerke anschaulich, was Geothermie ist und wie sie funktioniert.)

Obwohl die Stadtwerke bereits dabei sind, die Geothermie in München auszubauen, geschieht dieser Ausbau immer noch viel zu langsam. Und wurde über Jahre hinweg verschleppt, wir könnten hier schon viel weiter sein. Auch die neuesten Pläne der SWM und Stadtregierung zum erneuerbaren Wärmeausbau, dargelegt in der kürzlich veröffentlichten Wärmestudie, sehen für den Geothermieausbau ausgesprochen unambitioniert aus

Geothermie-Ausbau in München: ein Mammutprojekt

Neben neuen Kraftwerken und neuen Fernwasser-Pipelines aus dem Münchner Umland muss auch zumindest das Dampf-Wärmenetz in München komplett umgebaut werden, da Geothermiewärme niedrigere Temperaturen hat (80-90 Grad Celsius) als der Dampf aus den Heizwerken (120-130 Grad Celsius). Die Leitungen müssen darauf umgestellt werden, das bedeutet: Alle Münchner Straßen in der Innenstadt, unter denen Leitungen verlaufen, müssen aufgerissen werden. Dagegen können die fünf anderen Fernwärme-Heißwasser-Netze unmittelbar (und gut) weitergenutzt werden, wenn sie aus Geothermie-Anlagen betrieben werden.

Die Frage, die bleibt, ist nur: Haben wir denn eine andere Wahl, als dieses Mammutprojekt so schnell wie möglich zu bewältigen? Wir meinen: Sowohl die Klimakrise als auch die bedrohliche Abhängigkeit von fossilen Energieträgern aus dem Ausland lassen uns keine andere Wahl. Auch das ist eine Konsequenz, die wir aus dem Ukraine-Krieg ziehen müssen. Die Umrüstung des Fernwärme-Netzes auf erneuerbare Energien, insbesondere Geothermie, ist das größte Klimaschutz-Projekt mit dem größten CO2-Minderungspotenzial, das die Stadt München umsetzen kann (weit vor Mobilität oder Konsum). Und: das größte, das die Stadt aus eigenen Stücken machen kann (z.B. da keine Abhängigkeit von Bundesgesetzen besteht).

Deshalb: Geothermie-Umbau schnellstmöglich – dient dem Klimaschutz und verringert unsere Abhängigkeit von Kohle und Erdgas aus Russland!