Netzwerk Saubere Energie München

Münchner Rathaus vor blauem Himmel, Bildunterschrift: News aus der Münchner Stadtpolitik

Was macht eigentlich der Münchner Klimarat?

Vor einigen Monaten hat die Stadt München ein neues Gremium der Stadtpolitik geschaffen: Den Münchner Klimarat (wir berichteten). Der Klimarat ist aus der Bürger*innenbeteiligung bei der Arbeit an der Münchner Klimastrategie nach der Kommunalwahl 2020 entstanden – ein Gremium, das der Stadtpolitik beratend zur Seite stehen und die Stimmen und Expertise von Vertreter*innen aus Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft zusammenbringen soll.

Jetzt, ein paar Monate nach dem Trubel um die Wahl der Klimaratsmitglieder, haben sich die Wogen etwas geglättet und der Klimarat hat seine Arbeit aufgenommen. Hier erklären wir, was der Klimarat eigentlich ist, was er macht, wie er arbeitet, was er kann – und was nicht.

Wer sitzt alles im Klimarat?

Der Klimarat hat insgesamt 30 Mitglieder und setzt sich zusammen aus:

  • 3 Vertreter*innen aus der Wissenschaft + je eine Vertretung
  • 3 Vertreter*innen aus der Wirtschaft + je eine Vertretung
  • 3 Vertreter*innen aus der Zivilgesellschaft + je eine Vertretung
  • 6 Stadträt*innen aus den verschiedenen Stadtratsfraktionen + je eine Vertretung (darunter sind auch unsere 2. Bürgermeisterin Katrin Habenschaden mit Münchens Umweltreferentin Christine Kugler als Stellvertreterin, die den Vorsitz des Klimarats haben)

Unsere zivilgesellschaftlichen Klimarät*innen sind Kai Zosseder (Scientists for Future)m, Klara Bosch (Fridays for Future München), Sylvia Hladky (Münchner Initiative Nachhaltigkeit). Als ihre Vertretungen sind noch Stephan Mohr (Students for Future und Netzwerk Saubere Energie München), Daniela Schmid (Münchner Ernährungsrat, Tollwood) und Hermann Hofstetter (Scientists for Future) mit dabei. 

Was sind die Aufgaben des Klimarats?

Der Klimarat soll im besten Fall langfristig als Sprachrohr zwischen Zivilgesellschaft und der Stadtpolitik fungieren, damit alle wissen, wie die andere Seite arbeitet und was sie gerade beschäftigt. Der Klimarat könnte damit die wichtige Funktion erfüllen, Klima-spezifische Forderungen von Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft direkt an die Stadtpolitik weiterzugeben, aber auch politische Entscheidungen an die Zivilgesellschaft zu vermitteln und zu erklären. Er kann allerdings keine Gesetze erlassen oder für bindende Entscheidungen fassen.

Der Klimarat hat eine beratende Funktion für die Vorhaben der Stadt: Der Rat bündelt die Expertise zahlreicher Expert*innen zu bestimmten Themenbereichen des Klimaschutzes; im Klimarat bewerten diese Expert*innen dann die klimapolitischen Vorschläge der Politik aus ihrer (nicht-politischen) Perspektive und fassen dies in Stellungnahmen zusammen.

Die Abgabe dieser Stellungnahmen ist eine der Hauptaufgaben des Klimarats. Die Stellungnahmen werden dem Stadtrat vorgelegt, wenn klimapolitische Entscheidungen anstehen. So können die Stadträt*innen vor der Abstimmung auch die Perspektive der Zivilgesellschaft gebündelt in ihre Entscheidung mit einbeziehen. Seitdem es den Klimarat gibt, wurde bisher erst ein mal eine Stellungnahme abgegeben, nämlich anlässlich des Grundsatzbeschlusses II zur Klimastrategie der LH München. Allerdings ist der Klimarat nicht das einzige Gremium, das solche Stellungnahmen zu Gesetzesentwürfen und Co. offiziell Abgeben darf – z.B. können auch kommunale Referate dies tun. Die Klimarat-Stellungnahme ist also i.d.R. immer nur eine von sehr vielen.

Was sieht die Arbeit im Klimarat konkret aus?

Der Klimarat trifft sich regelmäßig im Plenum (angedacht sind ca. 4-5 Treffen pro Jahr). Neben regelmäßigen Treffen im Plenum gibt es im Klimarat aber auch kleinere, thematische Untergruppen, die sich häufiger untereinander austauschen und zu ihren Themenbereichen arbeiten.

Was machen die Stadträt*innen im Klimarat?

Da der Klimarat ja gerade erst gegründet wurde und z.B. noch keine offizielle Geschäftsordnung hat, ist noch nicht ganz klar, was die Stadträt*innen eigentlich im Klimarat machen. Sie nehmen ebenfalls an der Klimaratsarbeit der thematischen Untergruppen teil und dürften auch an den Stellungnahmen mitschreiben (was sie aber bei der bisher einzigen Stellungnahme zum Grundsatzbeschluss II noch nicht getan haben). Sie können über die Stellungnahmen im Klimarat auch vollwertig mit abstimmen – ein Bereich, in dem wir eines von diversen Problemen erkennen: Die Stadträt*innen können quasi zweimal abstimmen: Zum einen im Klimarat, und dann nochmal im Stadtrat selbst.

Auch ein Kritikpunkt: Abweichende Voten von verschiedenen Stadträt*innen im Klimarat wurden in die Stellungnahme des Klimarats zum Grundsatzbeschluss II aufgenommen, allerdings nicht alle in derselben Form. Manche wurden nur nebenbei erwähnt, andere besonders hervorgehoben. Hier braucht es eine einheitliche und faire Regelung, um sicherzustellen, was in welcher Form in den Stellungnahmen auftauchen darf.

Unsere Kritik

Die Organisation des Klimarats (zu Treffen einladen, die Tagesordnung festlegen, …) liegt derzeit noch beim Sekretariat der 2. Bürgermeisterin Katrin Habenschaden, soll aber demnächst beim Referat für Klima und Umwelt (RKU) angesiedelt sein, also bei der Stadtverwaltung. Wie es mit den Sitzungen des Klimarats weitergehen soll, sollte eigentlich bis Mitte Januar 2022 bekanntgegeben werden – bisher ist jedoch (Stand: Anfang März) noch nichts passiert, und es ist nicht mal klar, wann in etwa der Rat das nächste Mal tagen wird.

Auch die Kommunikation zwischen Rathaus und Stadtbevölkerung fiel bisher seitens der Stadt München noch sehr mager aus. Wir sehen es (auch) als Aufgabe der Landeshauptstadt, über den Klimarat sowie dessen Arbeit und Entscheidungen transparent zu kommunizieren, z.B. über ihre Website, wo der Klimarat bisher nicht auffindbar ist. Auch im Ratsinformationssystem (kurz: RIS), das wir generell sehr Bürger*innen-unfreundlich finden, ist der Klimarat nicht prominent platziert. Wie soll sich eine engagierte Person an den Klimarat wenden können, wenn nicht mal Kontaktmöglichkeiten der Klimarät*innen online zu finden sind? So sieht keine Bürger*innenbeteiligung aus! 

Außerdem: Die Sitzungen des Klimarats sind öffentlich, wie die Vollversammlung des Münchner Stadtrats auch – theoretisch. Praktisch sind die Hürden für normale Münchner*innen sehr hoch, sich eine Sitzung des Klimarats anzusehen: Der Beitrittslink zur Online-Sitzung muss bisher einzeln erfragt werden, um teilnehmen zu können, und dazu müsste man über Ort, Zeit und Thema der Sitzung auch erst mal öffentlich informiert sein…

Unser (positiver) Ausblick

Wir blicken der weiteren Klimaratsarbeit dennoch positiv entgegen. Immerhin steckt das Gremium noch in den Kinderschuhen, und die Punkte, an denen es noch hapert, sind zumindest sicher nicht alle einem schlechten Willen der Stadregierung oder -verwaltung zuzuschreiben. Sie liegen wohl oft einfach am noch nicht etablierten Workflow. Das RKU selbst hat sich im Grundsatzbeschluss II bei den Klimarät*innen für die konstruktive Mitarbeit und für die Geduld bei den “Geburtsschmerzen” des neuen Gremiums “Klimarat” bedankt (Zitat GB II S. 12). Hier müssen wir dem RKU einfach noch ein bisschen Zeit lassen, das ja neben der Klimarat-Orga auch sonst noch viel zutun hat.

Ebenfalls hat die Stadtverwaltung in Aussicht gestellt, dass der Klimarat in einigen Themengebieten, die im bisher beschlossenen Klima-Grundsatzbeschluss II noch nicht mit drin waren, später noch stärker eingebunden wird. So etwa in den Bereichen “nachhaltige Lebensstile” und “Ernährung / Konsum”.