Die Stadt München beruft einen Klimarat – Politiker*innen aus dem Stadtrat sollen dort neun weitere Personen gegenübersitzen, jeweils drei aus Wissenschaft, Wirtschaft und der organisierten Zivilgesellschaft, plus Stellvertreter*innen. Dieses Gremium soll über die Klimapolitik der Stadt München beratschlagen und in Klima-wichtige Stadtratsentscheidungen einbezogen werden.
Während die vollständige Liste der Klimarat-Mitglieder erst nach der konstituierenden ersten Sitzung im November veröffentlicht wird, können wir schon mal ein bisschen spoilern: Wir nämlich haben zusammen mit über 30 anderen zivilgesesellschaftlichen Organisationen Münchens unsere sechs Vertreter*innen demokratisch selbst gewählt und schicken nun folgende Personen in den Klimarat:
- Kai Zosseder (Scientists for Future, Energie)
- Klara Bosch (Fridays for Future München)
- Sylvia Hladky (Münchner Initiative Nachhaltigkeit, Mobilität)
Mit den Stellvertreter*innen:
- Stephan Mohr (Students for Future und Netzwerk Saubere Energie München – das sind wir! 😃)
- Daniela Schmid (Münchner Ernährungsrat, Ernährung/Konsum, Tollwood)
- Hermann Hofstetter (Scientists for Future, Bauen/Beschaffungswesen/Klimamanagement, beruflich beim Erzbistum München und Freising)
Erst mal: Wir freuen uns sehr und wünschen viel Erfolg!
Unsere Kritik am Auswahlprozess: Undemokratisch und intransparent!
Dass sich die Zivilgesellschaft ihre Vertreter*innen in einem demokratischen Prozess selbst aussucht, war anfangs jedoch nicht vorgesehen. Das Referat für Umwelt und Klima sollte dem Stadtrat eine Liste an Personen vorschlagen, die für die Zivilgesellschaft im Klimarat sitzen sollen; diese Liste machte auf uns aber ganz den Eindruck, als hätte der Stadtrat im Vorfeld durch „Zuruf“ nur Personen ausgewählt, die der Rathaus-Politik mit ihrer GRÜN-SPD-Mehrheit nahestehen – die ihre Politik also einfach mittragen würden, anstatt konstruktiv zu widersprechen und zu streiten, wo angebracht und wie es der Klimarat tun sollte. Kein*e einzige*r Vertreter*in wurde z.B. ausgewählt aus Organisationen, die sich seit Jahren bei der Bürgerinitiative „Raus aus der Steinkohle“, gegen ein neues Erdgas-Großkraftwerk (GuD3) oder gegen die Erdöl-/Erdgas-Förderung (Spirit Energy) der Stadtwerke München engagieren. Das ist kein Zufall!
Die Zivilgesellschaft selbst (also: wir!) wurden generell nicht bzw. nur sehr ausgewählt überhaupt gefragt, welche Personen wir denn für unsere Klimaratsplätze nominieren würden. Auch wenn dies zumindest teilweise daran gelegen haben mag, dass für die Auswahl des Klimarats nur sehr wenig Zeit zur Verfügung stand (der Rat soll bereits im November seine Arbeit aufnehmen): Dieses Prozedere ist weder demokratisch noch transparent oder fair und deshalb für uns nicht hinnehmbar!
Demokratische Wahl – geht auch kurzfristig!
Doch wir sind ja gut vernetzt und haben uns dadurch nicht unterkriegen lassen. Wir haben gemeinsam einen offenen Brief an den Stadtrat verfasst, um uns über das Verfahren und die geplante Besetzung des Rates zu beschweren (wie wir das bereits im Juli 2021 getan hatten) und dann kurzfristig einfach selbst eine demokratische Wahl innerhalb der Zivilgesellschaft auf die Beine gestellt (federführend dabei MIN).
Bei der Bekämpfung der Klimakrise können wir es uns nicht leisten, wenn wichtige Akteure mit Know How und Erfahrung zugunsten politischen Gemauschels übergangen werden!
Gemäß des Verfahrens des „systemischen Konsensierens“ kamen dann obengenannte sechs Vertreter*innen aus unseren Reihen heraus, die wir dem Referat für Umwelt und Klima als zivilgesellschaftliche Vertreter*innen für den Klimarat vorschlagen konnten.
Voller Erfolg: Stadtrat akzeptiert und würdigt zivilgesellschaftliche Wahl
Das Referat hat dem Stadtrat dann tatsächlich unsere sechs gewählten Kandidat*innen als Vorschlag vorgelegt – und der Stadtrat hat diesem Vorschlag am Mittwoch, 20.10.2021 zugestimmt. Explizit lobten einige Stadträt*innen unser Engagement und unseren Einsatz.
Wir begrüßen natürlich, dass der Stadtrat akzeptiert, dass wir unsere Vertreter*innen selbst wählen möchten. Das macht jedoch weder ungeschehen noch vergessen, wie die Besetzung des Klimarats eigentlich geplant war: Nämlich ohne transparente Befragung der zivilgesellschaftlichen Organisationen und ohne demokratischen Prozess!
Wie geht’s jetzt weiter?
Wir werden natürlich nun genau verfolgen, wie der Klimarat arbeiten, welche Befugnisse er bekommen, ob er beachtet wird. Eins ist klar: Nur, weil es jetzt einen Klimarat mit demokratisch legitimierter zivilgesellschaftlicher Beteiligung gibt, können wir noch lange nicht die Füße hochlegen.
Es sieht außerdem so aus, als ob der Klimarat die einzige Form der Bürger*innenbeteiligung an der Münchner Klimastrategie bleiben soll. Wie wir hier bereits geschrieben haben, können jedoch auch sechs gewählte Vertreter*innen im Klimarat die Zivilgesellschaft in ihrer Breite und Vielfalt nicht abbilden – und reichen natürlich alleine an unser gemeinsames Wissen, Erfahrung und Engagement nicht heran. Die Zivilgesellschaft muss über den Klimarat hinaus die Möglichkeit bekommen, zu Klima-Fragen gehört zu werden!
Als nächstes werden wir uns nun mit anderen Organisationen und Gruppen koordinieren, um unseren Vertreter*innen im Klimarat zur Seite zu stehen und ihnen zuzuarbeiten. Ihr wollt uns dabei unterstützen? Schreibt uns eine E-Mail an info@energienetzwerk-muc.de!
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