Geothermieausbau in München voranbringen – Packen wir's an!
Warum Geothermie? Weil Heizen mit Öl und Gas einer d e r Klimakiller ist. Drei Viertel der Energie in einem Haushalt werden für Heizen und Warmwasser verwendet und diese Energie ist klimaschädlich: 30 % der CO2-Emissionen in Deutschland entfallen auf den Gebäudesektor.
Allein 1,9 t CO2 -Emissionen entstehen pro-Kopf beim Heizen in Deutschland jährlich. In München gibt es rd. 290.000 fossile Gebäude-Heiz- und Brauchwasseranlagen mit Gas, Öl und Kohle – 1/3 aller Münchner Gebäude hängen am Erdgas-Netz.
Die bayerische Landeshauptstadt und ihr Umland „sitzen“ aber oberhalb einer nachhaltigen Wärmequelle: Geothermie.
In 1.000 bis über 3.000 Metern Tiefe liegen wasserführende Schichten mit bis über 140° C, die vom Erdinneren aufgeheizt werden. Dieses heiße Wasser lässt sich zur Erzeugung von Fernwärme und damit zum Heizen nutzen.

Grafik: Tektonik und Tiefen-Temperaturen von Nord nach Süd über München und Traustein zu den Alpen
Quelle: Dr. Kai Zosseder AG Geothermie LS Hydrogeologie der TUM
Vortrag 2024-04-18: Dr. Kai Zosseder: „Fernwärmeversorgung Münchens – bis 2035 klimaneutral?“ – Protect the Planet
Mutiger Plan – aber mit gigantischen Lücken
Die Landeshauptstadt München hat mit dem „Transformationsplan Fernwärme“ einen übergeordneten, strategischen Plan entwickelt, wie die Heizenergie von Öl, Gas und Kohle zum großen Teil auf CO2-freie Energiequellen umstrukturiert werden soll: Zu den bestehenden drei sollen in München vier und im Umland eine Reihe weiterer neuer Geothermieanlagen gebaut werden. Die theoretischen Überlegungen, die Verhandlungen, die Planungen von neuen Anlagen haben begonnen, einige sind schon im Bau – mit jeweils über 10 Jahren Bauzeit ist zu rechnen.
Für die Landehauptstadt München ist u.a. folgendes geplant:
- 50 Geothermiebohrungen, also „Dubletten“ mit Heißwasser-Förderleitung und Rückführung abgekühlten Wassers.
- Bau von 600 km zusätzlicher Leitungen (zu den bestehenden 900 km), also deutliche Erweiterung des Fernwärmenetzes.
- Fernwärme soll damit künftig rund 2/3 des Wärmebedarfs in München erzeugen,
- das erfordert eine deutliche Verdichtung innerhalb der Teilnetze und Erhöhung der Anschlussraten,
- mit einem erheblichen zusätzlichen Personalbedarf bei den Stadtwerken und in den städtischen Verwaltungen und
- Investitionen von ca. 9,5 Mrd. Euro bis 2045!

Foto: Englischer Garten mit Stadtpanorama, von Jörg Lutz
Quelle: www.muenchen.travel/pois/sport-freizeit/englischer-garten
Kann das Ziel „Klimaneutralität 2035“ damit erreicht werden?
Nein, denn „Wärme“ und „Brauchwasser“ ist ja nur ein – wenn auch ein sehr wichtiger – Sektor mit erheblichen Treibhausgasemissionen. Und: Es ist für die Landeshauptstadt München nicht klar, wieviel CO2 in „Münchner Verantwortung“ (nicht nur innerhalb der Stadtgrenzen Münchens) überhaupt emittiert wird. Die Planungen zum Rückgang der Treibhausgasemissionen mithilfe der Decarbonisierung der Fernwärme mittels Geothermie basieren zudem auf bestcase-Annahmen, die erst noch zu erfüllen wären. Und: Der Umbau der bislang überwiegend fossil erzeugten Fernwärme auf Erneuerbare Energien soll nicht bis 2035, sondern (frühestens) bis 2045 erfolgen.
Wo klemmt's?
Was an dieser Grafik zu erkennen ist: Alle bestehenden und bis 2035 neu errichteten Geothermie-Anlagen werden bis 2035 max. 56 % des Fernwärme-Bedarfs erzeugen.
Ja, „Geothermie“ ist nicht einfach: In einer dicht besiedelten Stadt wie München ist etwa das Finden eines neuen Standorts für eine neue Geothermieanlage und die Planung neuer Wärme-Pipelines von außen in die (Innen-) Stadt hinein planungs- und genehmigungsrechtlich, strukturell, grundstücksseitig … schon schwierig – und wer will schon ein neues Kraftwerk in seiner eigenen Nachbarschaft haben? Aber die Vorgaben des Bundes-Gesetzgebers im Wärmeplanungs-Gesetz sind eindeutig: Ab 2030 mindestens 30 %, ab 2040 mindestens 80 % Erneuerbare Energien in Wärmenetzen – und davon ist das Fernwärmeverbundnetz Münchens noch weit entfernt!

Grafik: Fossil Free München & German Zero München HP 01.03.2023,
Stadtrat LHM, RefAWi, 13.12.2022

Foto: XR München
Quelle: 8 Gründe gegen Gaskraftwerk Nord | XR de (extinctionrebellion.de)
Wieviel CO2 entsteht überhaupt durch die Münchner Kraftwerke, wieviel davon soll durch Geothermie eingespart werden?
Dazu gibt es keine belastbaren Angaben. Die Stadtwerke München (SWM) veröffentlichen nach wie vor nicht zeitnah die durch ihre fossil betriebenen
Heiz- und Heizkraftwerke emittierten Treibhausgas-Mengen.
Aus den – jahresbezogenen – Veröffentlichungen der Stadtverwaltung bzw. der Stadtwerke im jährlichen „Nachhaltigkeitsbericht“ hinsichtlich der CO2-Emissionen der Stadtwerke (inkl. ihrer Energieanlagen) zeigen sich Faktor 2 bis 3 abweichende Unterschiede, sind deshalb schlicht unbrauchbar.
Und ist das alles denn überhaupt finanzierbar?
Sieht nicht danach aus: Im entsprechenden Stadtratsbeschluss heißt es ganz nüchtern:
Aktuell sind die Fördermittel … nicht ausreichend nach Höhe und Dauer im Bundeshaushalt abgesichert.“ Denn dem Münchner Investitionsbedarf iHv 9,5 Mrd. Euro stehen Fördermittel iHv 3,0 Mrd. Euro gegenüber – für ganz Deutschland! Und das war Stand vor der Bundestagswahl.
Unsere Forderung aus 2022 war und ist: Weil aus dem (überschuldeten) städtischen Haushalt keine Finanzmittel für den Geothermie-Umbau zu erwarten sind, sollten die Stadtwerke München GmbH – als kreditsicheres 100 %-Tochterunternehmen der Stadt – zweckgebundene „Green Bonds“ für Geothermie ausgeben. Mit Hilfe von Green Bonds können nicht nur große oder institutionelle Investoren, sondern auch Kleinanlegerinnen und -anleger an der Entwicklung nachhaltigkeitsorientierter Projekte teilhaben, hier: projektbezogen am Geothermie-Umbau der bislang fossilen Fernwärme in München.
Wir fordern die Stadt auf, endlich zügig und konsequent zu handeln
Denn viele der Verzögerungen sind „hausgemacht“: So wird der erforderliche Umbau des Dampf-Netzes Innenstadt (mit 120o C) auf heißwasserfähige Geothermie (mit bis 90o C) seit vielen Jahren verschleppt. Die Gespräche mit Kommunen und potenziellen Geothermie-Partnern im Umland Münchens werden teilweise nicht „auf Augenhöhe“ geführt. Und vielfach „stolpern“ die federführenden Stadtwerke München und die diversen für Stadtplanung, Straßen-Verkehr und Bau zuständigen Stadtverwaltungseinheiten über Zuständigkeiten und unterschiedliche Prioritätensetzungen. Es mangelt vielfach an klaren Entscheidungen des Stadtrats.
Und wir erneuern hier unsere Forderung nach Überarbeitung der Finanzierung und Einführung von Greenbonds durch die Stadtwerke München GmbH zur Finanzierung dieses großen und entscheidenden Vorhabens, der Decarbonisierung der Fernwärme.
Im März 2026 wird der Stadtrat neu gewählt. Der Wahlkampf dürfte im Herbst 2025 losgehen, das mit der Geothermie könnte spannend werden 😉.
Weil „Decarbonisierung der Fernwärme“ wahrlich komplex und nicht einfach zu verstehen ist, haben wir einen ausführlichen Hintergrundartikel erarbeitet über den Stand der Planungen, über Standorte und Pipelines, über Projekte im Umland, was Geothermie überhaupt ist und wer wo wie… bohren darf. Hier: NSEM_Geothermie_Artikel_komplett_final_2025_V01.pdf