Nachdem die von Anfang an fragwürdige Idee eines Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerkes (GuD3) am Standort Nord nun auch rechtlich gescheitert ist, hatte der Stadtrat München am 23.3.2022 entschieden, den Kohleblock 2 am Standort Heizkraftwerk Nord in der Gemeinde Unterföhring auf „dauerhaften Erdgasbetrieb“ umzubauen. Dieser Umbau soll nun wegen der momentan hohen Erdgas-Preise statt 2023 erst Mitte 2024 erfolgen. Daher ist jetzt ein guter Zeitpunkt , um einen Blick darauf zu werfen, warum dieser Plan sowohl für das Klima als auch planungsrechtlich ein Problem ist.
Was bedeutet der Umbau auf Gas für das Klima?
Gasverbrennung erzeugt etwa zwei Drittel der CO2-Emissionen der Verbrennung von Steinkohle; mit Gasförderung und -transport sind aber zudem noch besonders klimaschädliche Methanemissionen verbunden. Auf den ersten Blick könnte man wegen der geringeren CO2-Emissionen pro kWh bei Verbrennung denken, dass die Umrüstung auf Gas ökologischer für das Klima wäre als weiter Kohle zu verbrennen. Das erste Problem ist aber, dass eine teure Umrüstung für die Stadtwerke finanziell profitabel sein muss. Um die Kosten herein zu wirtschaften würde ein Gaskraftwerk also deutlich länger oder intensiver laufen müssen, als die verbliebene Laufzeit des Kohlekraftwerks. Wenn das Gaskraftwerk bei gleicher Auslastung um 1/3 länger läuft als das Kohlekraftwerk, würde das Gaskraftwerk bereits mehr Klimaschäden verursachen als das Kohlekraftwerk: Liefe das Kohlekraftwerk z.B. bis 2028, wäre dieser Zeitpunkt für das Gastkraftwerk dann schon 2030/31. Durch die Methanemissionen wäre die höhere Klimaschädlichkeit sogar noch früher gegeben.
Wie kann man den Umbau des Heizkraftwerk Nord klimafreundlich machen?
Genauso tritt diese früher ein, wenn das Gaskraftwerk öfter bzw. intensiver laufen würde, als das momentan auf 42% herunter geregelte Kohlekraftwerk. Bei „Volllast“, also 100% Erdgas, werden rd. 88.000 cbm Erdgas verfeuert – pro Stunde! Damit entstünden ein Vielfaches mehr an Treibhausgasemissionen als bei heutigem reduziertem Kohle-Teillastbetrieb. Also muss auch das neue Erdgas-Kraftwerk auf Teillast heruntergeregelt werden.
Einen Erdgasblock könnte man sogar – im Gegensatz zum heutigen Kohleblock mit seiner fast einwöchigen Anfahrzeit – dauerhaft im Stand-By-Betrieb halten und nur hochfahren, wenn dies für die Sicherstellung der Stromversorgung notwendig ist; denn mit Gas lässt sich ein Kraftwerk binnen weniger Stunden aufheizen und anfahren, damit es Strom produziert. Ein solcher Stand-by-Betrieb würde auch die juristischen Voraussetzungen der Bundesnetzagentur erfüllen, die momentan noch ein Abschalten des Block 2 wegen dessen festgestellter Systemrelevanz für die Stabilität des überregionalen Stromnetzes verhindert. Zudem wäre mit in einem solchen Betrieb auch die Notfallabsicherung der Fernwärme im sog. „n-1-Notfall“ (minus 16oC Außentemperatur und gleichzeitig fällt das HKW Süd aus) gesichert (auch wenn es dafür noch bessere Vorschläge wie die „Kleine Heizwerke-Lösung“ des Ökoinstituts gibt). Bezahlt würde der Fast-Stillstand des Stand-By-Gas-Betriebs übrigens vom Netzbetreiber in Bayern, TenneT, nicht von uns Stadtwerke-Stromkunden direkt.
Rechtliche Genehmigungs-Probleme
Neben den klimapolitischen Problemen gibt es aber auch noch ein anderes, erhebliches rechtliches Problem: Der Gemeinde Unterföhring (in der das Heizkraftwerk Nord liegt) liegt ein Rechtsgutachten vor, dass es für ein über die alte Genehmigung des Block 2 aus 1991 hinausgehenden Umbau eine neue Genehmigung bzw. eine Änderungsgenehmigung bräuchte. Diese Genehmigung müsste die Genehmigungsbehörde (die Regierung von Oberbayern) erteilen, kann dies aber nicht, weil die Stadtwerke die Umbaupläne nicht bekannt geben und so unklar ist, ob diese sich im Rahmen der seinerzeitigen Genehmigung bewegen. Die Stadtwerke vertreten aber die Position, der Umbau wäre im Rahmen der ursprünglichen Genehmigung von 1991. Dies ist aber bei einem Umstieg auf einen anderen Brennstoff – von Kohle auf Gas mit entsprechendem Umbau der Brenner im Kessel, der Zuführungen, der E- und Leit-Technik – kaum vorstellbar.
Der Umbau ist also nicht nur aus Gründen des Klimaschutzes fragwürdig, sondern steht auch auf rechtlich sehr unsicheren Füßen. Es braucht dringend sowohl eine rechtliche Klärung als auch Beschlüsse des Stadtrates, um den Klimaschutzeffekt und damit die Klimaneutralität 2035 abzusichern.