Heute (17.12.2021) feiert Fridays for Future dreijähriges Jubiläum in München – im Dezember 2018 ging FFF zum ersten Mal hier auf die Straße, und was hat die Bewegung in dieser Zeit nicht alles angestoßen! Auch in der Münchner Stadtpolitik hat sich in dieser Zeit einiges getan. Die Kommunalwahlen (Klimawahl) im März 2020 haben eine grün-rote Mehrheit in den Stadtrat gewählt, 2019 wurde der Klimanotstand für München ausgerufen, an weiteren Klima-Gesetzen wird gearbeitet.
Zu diesem Anlass hat Fridays for Future am 10.12.2021, also letzten Freitag, zusammen mit diversen Bündnispartnern einen Streik anlässlich des geplanten „Grundsatzbeschluss II“ zur Klimastrategie der Landeshauptstadt veranstaltet. Wir waren mit dabei – genauer: Unser Koordinationsteammitglied Stephan war am Start und hat in einer Rede auf dem berühmten FFF-Feuerwehrauto zusammengefasst, wie es mit der Klimastrategie in München weitergehen wird und außerdem das nächste große Zukunftsthema angerissen: Die Wärmewende.
Wir fordern die Wärmewende: Unsere Rede zum Nachlesen
(leicht gekürzt, Anm. d. Red.)
In den letzten Tagen haben wir einige gute Nachrichten aus der Klimapolitik der Stadt München gehört:
Zum einen haben die Stadtwerke endlich einen konkreten Plan vorgelegt, ihre Öl- und Gasfelder im Nordatlantik zu verkaufen. Die Stadt München war die einzige Stadt in Deutschland, die es für nötig gehalten hat, selber nach Öl und Gas zu bohren! Das haben sie gemacht, indem sie über die Stadtwerke in einen Konzern investiert haben, der genau das tut, nämlich in Spirit Energy. Wir haben uns LANGE dafür eingesetzt, dass diese Beteiligung im Sinne des Divestment von fossilen Brennstoffen verkauft wird, und mittlerweile haben auch die Stadtpolitik und die Stadtwerke gemerkt, dass diese Unternehmung finanziell und klimatechnisch völlig verrückt ist. Anfang dieser Woche wurden jetzt die Verkaufspläne für einen wichtigen Teil Öl- und Gasfelder von Spirit Energy bekannt gegeben und das bedeutet, dass die Stadtwerke endlich ihre Mitverantwortung für das CO2, was da aus dem Boden geholt wird, anerkennen.
Wir sind damit noch nicht am Ende: Der Konzern hält immer noch Öl- und Gasfelder in der Nordsee, aber wir sind uns sicher: Die Botschaft ist angekommen!! Der komplette Ausstieg aus der Öl- und Gasförderung ist jetzt die einzige logische Konsequenz, wie es weitergehen kann!
Die andere gute Nachricht, und deshalb sind wir hier: Im Januar wird endlich der Grundsatzbeschluss II zur Klimaneutralität der Stadt München auf den Weg gebracht.
Und zentral in diesem Beschluss soll ein Thema sein, das für uns uns als Netzwerk besonders wichtig ist: Die Wärmewende.
Was heißt Wärmewende?
- Dass wir kein CO2 mehr für’s Heizen ausstoßen.
- Dass wir unsere Gas- oder Ölheizungen ersetzen durch Wärmepumpen oder Fernwärme, und dass diese Fernwärme klimaneutral erzeugt wird.
Diese Transformation ist extrem wichtig: In Deutschland gehen rund 20% der Treibhausgas-Emissionen auf das Konto von Heizungen, ungefähr so viel wie beim Strom. Aber während die Stromerzeugung an vielen Stellen schon auf erneuerbare Energien umgestellt wird, stehen wir bei der Wärmewende noch ganz am Anfang. Nirgends in Deutschland gibt es bisher eine vollständig erneuerbare Wärmeerzeugung, nur ganz wenige Städte sind dem international auf der Spur.
In München hat die Politik den ersten Schritt gemacht und das Thema anerkannt. Aber wir dürfen nicht vergessen: Die eigentliche Arbeit geht jetzt erst los!
Denn anders als der Umstieg auf erneuerbaren Strom kann eine Wärmewende nur lokal passieren. Wir müssen uns selber darum kümmern. Die Bausteine sind kleinteilig: Überall, wo sie noch in Nutzung sind, müssen Öl- und Gasheizungen ausgetauscht werden. Das betrifft fast jedes zweite Haus in München! Als Ersatz müssen Wärmepumpen her oder ein Fernwärmeanschluss. Und wir müssen nicht nur mehr auf Erneuerbare Energien setzen, sondern auch Energie SPAREN. Also Häuser sanieren und stärker dämmen, damit wir nicht so viel Wärme nach draußen heizen. Und das Ganze muss viel schneller gehen als bisher.
Das bedeutet: Zentral in diesem Transformationsprozess ist die Beteiligung der Bürger*innen. Eben weil die notwendigen Schritte so kleinteilig sind, weil sie jede und jeden einzelnen betreffen, muss die Stadt dafür Sorge tragen, dass niemand von dieser Entwicklung überrollt wird. Die Menschen müssen wissen, dass auf lange Sicht ein Heizen mit fossilen Energien immer teurer werden wird. Sie müssen selber in die Gestaltung unser aller Zukunft mit einbezogen werden. Und sie müssen die Motivation und die Information und das notwendige Geld bekommen, damit ein Heizungswechsel und eine Sanierung auf wirklich durchgeführt werden kann.
Deswegen geht meine erste Forderung an die Stadt München:
- Wir brauchen Mitbestimmung, Förderung, Informationskampagnen, individuelle Ansprache der Gebäudebesitzer*innen und Vermieter*innen, sonst wird hier nichts passieren!
- Und ja: Wenn nötig, muss es auch Verbote geben. Es kann nicht sein, dass in Gebieten, wo Fernwärme verfügbar ist, bei Renovierungen immer noch Gasheizungen eingebaut werden, ganz egal, wie sehr die Stadtwerke und damit auch der Stadthaushalt davon profitieren.
Die klimatechnisch beste und sozial verträglichste Wärmeversorgung ist die Fernwärme: Dabei kann der Umstieg auf erneuerbare Energien zentral erfolgen, in Anlagen, die effizienter sind als in einzelnen Häusern. Und es können neue Quellen erschlossen werden, z.B. der thermische Schatz Münchens, die tiefe Geothermie. Aber im Moment wird hier noch viel Gas und sogar Kohle verbrannt. Und das ist natürlich überhaupt nicht klimaneutral.
Deshalb wenden wir als Netzwerk Saubere Energie München mit unserer zweiten Forderung an die Stadtwerke, die Betreiber der Fernwärme in München:
- Geht endlich aus der Kohle raus! Schon seit 2016 soll das HKW 2 in Unterföhring nach einem Bürgerentscheid eigentlich abgeschaltet werden.
- Und nein das heißt nicht, dass wir dann einfach mehr Erdgas verbrennen – denn auch das stößt CO2 aus, und mit den direkten Emissionen von Methan bei der Förderung oder durch Lecks in Pipelines ist der Klimaeffekt über die nächsten 20 Jahre genauso stark wie der von Kohle!
- Also stattdessen: Bringt den Ausbau von Geothermie und dem Fernwärmenetz voran!
Natürlich ist die Wärmewende nicht NUR ein lokales Thema. Sie betrifft alle Städte in Deutschland, und überall sind die Rahmenbedingungen entscheidend. Meine dritte Forderung richtet sich daher an die neue Bundesregierung:
- Schafft den gesetzlichen Rahmen für Planungs- und Genehmigungsverfahren, für Förderung und für die Ausbildung von Fachkräften. Das brauchen wir, um die Wärmewende lokal umzusetzen. Es gibt eine Menge zu tun für die neuen Damen und Herren in den Ministerposten.
Und schließlich, wie immer bei der Klimakrise: Wir sind alle gefragt. Wir müssen uns interessieren. Wir müssen nachfragen, bei unseren Eltern, bei unseren Vermietern: Wo kommt denn unsere Wärme her? Haben wir eine Verbrennungsheizung? Wann können wir denn eine Wärmepumpe einbauen, oder einen Fernwärmeanschluss? Wir müssen diskutieren.
Meine vierte Forderung geht daher an uns alle: Wir müssen die treibende Kraft sein, damit die Dinge vorangehen!
Insgesamt ist die Wärmewende also für alle – Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft – eine gigantische Aufgabe. Wenn wir aber alle zusammenarbeiten und aufpassen, dass niemand von der Transformation überrollt wird, meistern wir auch diese Herausforderung.
Dankeschön!
(c) Beitragsbild: Fridays for Future Deutschland