Netzwerk Saubere Energie München

Wie sich die Energiepreise zusammensetzen – und warum wir sie mit Erneuerbaren drücken können

Die Energiepreise sind derzeit ins Exorbitante gestiegen – nicht nur beim Benzinpreis, und nicht erst, seit Putin in die Ukraine einmarschiert ist. Aber warum der Preisanstieg? Aus welchen Komponenten setzt sich der Energiepreis bei Strom, Gas und Co. überhaupt zusammen? Und was ist teurer – Atom, Gas, Kohle, oder doch die Erneuerbaren?

Strompreiszusammensetzung:

Der Strompreis setzt sich grundsätzlich aus drei Komponenten zusammen:

  • Strombeschaffung, Vertrieb und Service => diesen Teil kann der Stromanbieter potenziell beeinflussen. Zum einen hängt er vom Handel an den Strombörsen ab, also für wie teuer der Stromanbieter den Strom an der Börse einkaufen kann, dazu kommen aber auch die Kosten der Stromanbieter für den Betrieb ihres Unternehmens, z.B. für Mitarbeitende oder Marketing.
  • Steuern und staatliche Abgaben => hier inbegriffen auch die EEG-Umlage, die zu Juli kippen soll. (Anschauliches Erklärvideo der SWM zur EEG-Umlage) => diesen Teil kann der Staat beeinflussen.
  • Netzentgelte, für Betreiben, Wartung etc. des Stromnetzes => Da das Stromnetz ein Monopol ist, regelt die Höhe der Netzentgelte die Bundesnetzagentur, zuletzt also der Gesetzgeber, der Staat. Regional können die Entgelte variieren.

Die Stadtwerke München geben eine Strompreiszusammensetzung von 40 % Steuern und Abgaben, 38 % Beschaffung, Vertrieb und Service sowie 22 % Netzentgelte an.

Wie entsteht der Preis an den Strombörsen?

Grundsätzlich: Wie überall regeln auch beim Strommarkt Angebot und Nachfrage. Es gibt keinen fixen Strompreis, sondern Preisschwankungen tages-, stunden-, sogar minutengenau, je nach dem, wie viel Strom gerade vorhanden und wie viel nachgefragt wird.

Wie dieser schwankende Strompreis jeweils zustande kommt, beschreiben verschiedene Modelle. Eines der bekanntesten ist das Merit-Order-Modell.

Das Merit-Order-Modell

Das Merit-Order-Modell zeigt an, nach welcher Reihenfolge die verfügbaren Kraftwerke ihren Strom ins Netz einspeisen dürfen. Dabei kommen jederzeit nur so viele Kraftwerke überhaupt zum Zug, wie gebraucht werden, um den aktuellen Strombedarf zu decken. Die Kraftwerke, die den billigsten Strom bieten, sind dabei zuerst dran. Können billige Kraftwerke den Strombedarf bereits alleine decken, kommen teurere gar nicht erst an die Reihe. De facto laufen sie nur dann, wenn der Strombedarf besonders hoch ist.

Das Kraftwerk, das den höchsten Strompreis verlangt, aber gerade noch zur Deckung des Bedarfs gebraucht wird (= das Grenzkraftwerk), definiert den Preis, den jeder notwendige Stromanbieter für seinen Strom bekommt – auch, wenn er tatsächlich billiger produziert. Dadurch erzielen günstigere Erzeuger teils deutliche Überschüsse. Nach dem Merit-Order-Modell ergeben sich für die Erzeuger also zwei Anreize, möglichst günstig Strom herzustellen: Um mit ihren Kraftwerken möglichst oft Strom ins Netz einspeisen zu können, und dabei möglichst hohe Überschüsse zu erzielen.

Welcher Strom ist der teuerste?

Die Erneuerbaren kommen nach der Merit-Order in der Regel zuerst: Wegen gesetzlicher Rahmenbedingungen und Fördermittel, aber auch wegen geringerer Personal- und Rohstoffbeschaffungskosten (Wind, Sonne, Wasser sind kostenfrei, Rohöl nicht!) können sie den günstigsten Strom erzeugen. Danach kommen meist Atomkraft-, dann Kohle- und Gaskraftwerke (mehr dazu z.B. hier).

Je mehr Erneuerbare also am Strommix beteiligt sind, desto weniger teure Energieerzeuger wie Gas und Kohle müssen hinzugeschaltet werden – d.h., desto seltener wird der Marktpreis sich an diesen teureren Erzeugern orientieren. Je mehr also im Jahr der Strombedarf erneuerbar gedeckt ist, desto weniger müssen wir im Jahresschnitt für Strom bezahlen. 

Nochmal zur Betonung: Es handelt sich bei der Merit-Order nicht um ein Gesetz, sondern nur um eine modellhafte Beschreibung, wie es beim Stromhandel in der Realität zugeht. Dieses Modell wird oft auch kritisiert, z.B. weil es nur kurzfristig die Strompreisentwicklung darstellt und etwa nicht oder nicht ausreichend die langfristigen Kosten, etwa der Kraftwerksbetreibung, den Rückbau von Atomkraftwerken etc. einbezieht.

Zusammensetzung der Heiz-Preise:

Beim Heizen wird es etwas komplizierter, denn das Heizen ist wesentlich dezentraler strukturiert in Deutschland als die Stromversorgung. Die einen haben eine eigene Öl- und Gasheizung im Keller ihres Mietshauses, die anderen sind an Fernwärme angeschlossen und beziehen die Energie zum Heizen z.B. von den lokalen Stadtwerken.

Grundsätzlich gilt, Deutschland heizt fossil: 2019 wurde fast jeder zweite Haushalt in Deutschland mit Erdgas beheizt, am zweithäufigsten mit Erdöl. Erst danach kam mit knapp 14% Anteil die Fernwärme. 

Preis-Zusammensetzung beim Heizen

Heizöl:

  • Produktenpreis: Einkaufspreis bei den Händlern für Rohöl, der sich u.a. durch Angebot und Nachfrage ergibt
  • Deckungsbeitrag: Die Unternehmen, die mit Öl handeln, können nur diesen Betrag beeinflussen. Er beinhaltet ihre Gewinne, aber auch Kosten für Personal, Transport, Lagerung, …
  • Staatliche Abgaben: Mehrwertsteuer, CO2-Preis, Mineralöl-Steuer

Prozentuale Zusammensetzung des Verbraucherpreises für leichtes Heizöl in Deutschland im Februar 2022.
© Statista 2022

Erdgas:

Erdgas setzt sich im Prinzip aus ähnlichen Komponenten zusammen wie Öl und Strom:

Der Heizspiegel Deutschland vergleicht übersichtlich die verschiedenen Heiz-Methoden. Hier zum Beispiel der durchschnittliche Verbrauch und die Kosten für ein Einfamilienhaus:

Durchschnittliche Heizkosten 2020 für ein Einfamilienhaus. © Heizspiegel Deutschland

Die Daten beziehen sich allerdings auf 2020 – es ist davon auszugehen, dass die Tabelle am Ende dieses Jahres deutlich anders aussehen wird angesichts der massiv gestiegenen Gas- und Ölpreise…

Warum sind die Preise zuletzt nun teurer geworden?

Die Strompreise steigen nicht erst seit dem Ukraine-Krieg: Artikel in den Medien von Herbst/Winter 2021, die auf gestiegene Gas-, Öl- und Strompreise hinweisen, lesen sich in der Retrospektive wie Frühwarnhinweise auf das aktuelle Weltgeschehen (wir berichteten hier).

Tatsächlich sind die höheren Strompreise nicht nur auf höhere Rohstoffpreise bei Öl und Gas zurückzuführen: 2021 ist auch der CO2-Preis gestiegen, also der Betrag, den Stromanbieter je Tonne emittiertem CO2 an den Staat zahlen müssen. Ebenso ist der Strombedarf angewachsen, und es wurde vergleichsweise weniger (billige) Solar- und Windenergie erzeugt, was den Preis insgesamt nach oben trieb. Genauer hier.