Steht Geld über Grundwerten?
Die Stadtregierung Münchens hat sich für eine Laufzeitverlängerung des Atomkraftwerks Isar 2 im Streckbetrieb ausgesprochen. Jetzt rückt ein möglicher Grund für diese Entscheidung in den Fokus:
„Die ZEIT hat die Energieökonomin Karen Pittel* darum gebeten, überschlagsweise zu berechnen, welchen Gewinn PreussenElektra im Falle eines Weiterbetriebs von Isar 2 erwarten dürfte. […] Ihre Rechnung geht so: Wenn man die Strompreise zugrunde lege, die die Märkte derzeit für das erste Quartal 2023 antizipieren, bleibe abzüglich der Kosten ein Gewinn von etwa 370 Millionen Euro – pro Monat. Sollte Isar 2 also bis Mai am Netz bleiben, käme PreussenElektra auf 1,85 Milliarden Euro.“ (zitiert aus: DIE ZEIT, 28.07.2022, S. 2, online hier).
Das ist doch was! Die Stadt München wäre an den Profiten mit schlappen +500 Mio. Euro beteiligt, denn sie besitzt über ihre Tochtergesellschaft Stadtwerke München GmbH (SWM) einen Anteil von 25% am AKW Isar 2.
Ist das Geld Anreiz für die Laufzeitverlängerung?
Mit diesen 500 Mio. € könnten z.B. die kürzlich um +163% erhöhten SWM-Fernwärmepreise rückgängig gemacht, der „Erdgas-Preisschock“ (Stadtwerke-Chef in der Süddeutschen Zeitung) aufgefangen und der SWM-Gewinnanteil für den städtischen Haushalt von ohnehin 100 Mio. € jährlich glatt verdoppelt werden.
Und da könnte man schon mal schwach werden und etwaige Sicherheitsbedenken hintanstellen?!
Wir fragen uns:
- Haben die Stadtwerke diesen Atom-Deal in ihrem Aufsichtsrat vorgeschlagen und diese fantastische Gewinnerwartung „am Rande“ erwähnt oder gar dargelegt?
- Haben die Aufsichtsräte der SWM dann dem Atom-Deal zugestimmt in Kenntnis des zu erwartenden Geld-Segens?
- Und hat dann später die Stadtrats-Vollversammlung im Münchner Rathaus – wie auch der Aufsichtsrat mehrheitlich GRÜNE/SPD – deshalb so überraschend der Ampel-Bundesregierung in Berlin den Verlängerungs-Deal des AKW Isar 2 im „Streckbetrieb“ (zunächst) bis Sommer 2023 vorgeschlagen? Ganz nach dem Motto: „Kohle“ first, „Grundsätze“ später?
- Kurz: Geht es ums Geld?
Das sind Fragen, die SWM, Stadtrat und Oberbürgermeister dringend beantworten sollten!
* Anmerkung: Prof. Dr. Karen Pittel ist u.a. VWL-Lehrstuhlinhaber an der LMU, leitet das Zentrum für Energie, Klima und Ressourcen am dortigen Ifo-Institut und ist Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats Globale Umweltveränderungen der Bundesregierung (WBGU); sie hat kürzlich auf unsere Einladung einen Vortrag gehalten: „Über Klimaneutralität hinausdenken!“, in dem sie sich auch kritisch zur Atomkraft geäussert hat: www.protect-the-planet.de/events