Stadtwerke als freundliche Partner der Energiewende – ein Bild das viele in Deuschland im Kopf haben. Gleichzeitig wissen wir alle, dass und wie Lobbyisten Klimaschutz vielfach aus wirtschaftlichen Eigeninteressen behindern. Eine neue bundesweite Kampagne an der unter anderem das Umweltinstitut [1] München beteiligt ist macht deutlich: Oft sind Stadtwerke gleichzeitig Lobbyisten der Fossilen Industrie. Grundlage der Kampagne ist eine Recherche von Correctiv [2]
Die bundesweite Kampagne beschäftigt sich mit dem Gaslobby-Verein „Zukunft Gas“, bei dem fast 70 (kommunale) Stadtwerke aus ganz Deutschland Mitglied sind. Die Stadtwerke München (SWM) sind nicht Mitglied, sind aber im Lobbyregister des Bundestags mit 35 Lobby*istinnen gemeldet, deren thematische Schwerpunkte aber nicht öffentlich sind [3] – die SWM haben ja viele Themen wie z.B. auch Nahverkehr. Die 70 Stadttwerke sind ungefähr die Hälfte der Mitglieder des Verbands. Aus Bayern sind unter anderem die Stadtwerke von Weilheim und von Ingolstadt Mitglied von „Zukunft Gas“ [2], aber laut der Karte der Kampagne auch die Regionalen Anbieter Thüga Energie GmbH, Energie Südbayern GmbH in München (an denen die SWM beteiligt sind) und erdgas schwaben gmbh in Augsburg [4].
Auch die Organisation Lobby Control fordert die beteiligten Stadtwerke nun auf, ihre Mitgliedschaft an dem Lobbyverband zu beenden [5]. Diese weist unter anderem auf das Problem hin, dass „Zukunft Gas“ nicht nur klimaschädliches Erdgas bewirbt sondern zudem Wasserstoff für die kommunale Wärmeversorgung über das Erdgasnetz [6]. Dies macht technisch und wirschaftlich keinen Sinn, soll aber unter anderem erreichen, dass möglichst lange Erdgas bezogen wird. Hintergrund dabei ist der Versuch, die vorhandene Gasinfrastruktur noch möglichst lang zu erhalten, mit dem Verweis auf künftig mögliche Beimischung oder einem von den Möglichkeiten der Infrastruktur noch unsichereren kompletten Umstieg auf grünen Wasserstoff. Momentan gibt es grünen Wasserstoff in keiner relevanten Menge und der verfügbare Wasserstoff wird stattdessen aus Erdgas hergestellt. Falls grüner Wasserstoff in Zukunft in größeren Mengen vorhanden sein sollte, wird er für andere Probleme gebraucht und ist daher nicht für die Wärmeversorgung verfügbar. Wichtige Anwendungfelder sind z.B. der Flugverkehr, die Chemie- und Stahlindustrie und eventuell der Schwerlastverkehr.
„Zukunft Gas“ ist dabei vielseitig in der Beeinflussung von Politik involviert, sponsort z.B. sowohl den CDU- und FDP-Parteitag als auch einen Kongress der fossil-orientierten Deutschen Energie Agentur [6]. Die Positionierungen der CDU und FDP zur Wärmewende wurden in den letzten Wochen hinreichend bekannt. Stadtwerke tragen nicht nur durch ihre Mitgliedsbeiträge sondern auch ihre guten Beziehungen in die kommunale Politik, über ihre Mitgliedschaft im mächtigen Verband kommunaler Unternehmen auch Bundespolitik und ihren guten Ruf zu der die klimaneutrale Wärmewende behindernden Arbeit des Erdgas-Verbandes „Zukunft Gas“ bei.
Kommunale Stadtwerke sollten dem Gemeinwohl ihrer Städte dienen, nicht der Erdgaslobby. Es ist daher überfällig, dass alle Stadtwerke aus diesem Verband austreten. Auf der Internetseite [7] der Kampagne findet Ihr Vorschläge, wie Ihr dazu beitragen könnt. Das funktioniert besonders gut, wenn euer eigener Versorger Mitglied sein sollte. Zudem gibtt es von Lobbycontrol auch eine Petition [8] . Diesen Verband „Zukunft Gas“ zu schwächen ist ein guter Hebel für eine schnellere Wärmewende. Und: Seit Beginn der Kampagne gegen „Zukunft Gas“ sind bereits mehrere Stadtwerke aus diesem rückwärts gewandten Verein ausgetreten! Gehen wir es an!
[1] https://umweltinstitut.org/energie-und-klima/meldungen/stadtwerke-raus-aus-der-fossilen-lobby/
[2] https://correctiv.org/aktuelles/klimawandel/2023/02/22/erdgas-wie-stadtwerke-gas-lobby-finanzieren/
[3] S. 44 der Studie https://www.lobbycontrol.de/pipelines-in-die-politik-die-macht-der-gaslobby-in-deutschland/
[4] https://zukunft-gasfrei.de/map.html
[7] https://zukunft-gasfrei.de/
[8] https://www.lobbycontrol.de/lobbyismus-und-klima/stadtwerke-raus-aus-der-gaslobby-108041/