Die diesjährige UN-Klimakonferenz COP26 in Glasgow ist vorbei – fast still und leise ist sie vorbeigegangen. Das Abschlusspapier wurde verspätet veröffentlicht, an einem Samstag, wo jede*r anderes zutun hat. Zum Auftakt der Konferenz hatten Regierungsvertreter*innen noch große Worte gefunden: von einem „Moment der Wahrheit“ sprach UN-Generalsekretär António Guterres, es sei „eine Minute vor Mitternacht“, so Boris Johnson, der bislang eigentlich nicht durch besondere Affinität zum Thema Klima aufgefallen war. Nach Ende der Konferenz waren es vor allem die Äußerungen von Klimaaktivisti, die Schlagzeilen machen: Greta Thunberg etwa fasste die Zusammenkunft globalpolitischer Amtsträger mit „Blah blah blah“ zusammen, Luisa Neubauer sprach von „Betrug“ an den kommenden Generationen.
Und wir? Große Hoffnungen hatte wohl niemand von uns – warum sollte ausgerechnet diese Klimakonferenz jetzt die entscheidende Wende bringen, wo doch schon so viele Klimakonferenzen nur heiße Luft hervorgebracht hatten und weitgehend folgenlos geblieben waren? Warum hätte COP26 die Wende bedeuten sollen, wo doch schon der G20 (?)-Gipfel kurz davor sich auf nicht mehr als leere Worte hatte einigen können?
Immerhin: Ein paar einschlägige Themen wurden angegangen auf der COP26, die uns als Netzwerk für Saubere Energie besonders interessieren. Zwei davon hier:
Kohleausstieg
Was erstmal optimistisch klingt: Zum ersten Mal, seit es Weltklimagipfel gibt, haben sich alle ca. 200 vertretenen Staaten zum Abschied von Kohle als fossilem Energieträger bekannt. Jedoch: Schon die Tatsache, dass Länder wie China und Australien dem Beschluss zugestimmt haben, weist daraufhin, dass inhaltlich nichts Konkretes drinstehen kann. Australien ist der weltweit zweitgrößte Kohleexporteuer und hatte Anfang 2020 erst mit der neu geplanten Adani-Kohlemine Schlagzeilen gemacht, die v.a. für Indiens Stromversorgung Kohle abbauen soll; und China hat in den letzten Jahren unablässig neue Kohlekraftwerke gebaut, auch wenn Präsident Xi im September immerhin zugesagt hat, im Ausland keine neuen mehr bauen zu wollen.
Der „Klimapakt von Glasgow“ enthält nun nach Druck von China und Indien nicht mehr die Formulierung eines „Ausstiegs“ aus der Kohle, sondern nur noch einen schrittweisen „Abbaus“ (engl. „phase down“ statt „phase out“). Das klingt in unseren Ohren nicht so, als würde es für den Klimawandel reichen – nicht, solange weiterhin sogar noch neue Kohlekraftwerke gebaut werden. Dabei ist die Energiewende das wichtigste Mittel, das wir haben im Kampf gegen die Klimakrise: Immerhin ist die Energiegewinnung für den größten Teil aller CO2-Emissionen verantwortlich (s. hier für die EU).
Der Fairness halber müssen aber auch wir hinzufügen: Dass Kohle als fossiler Energieträger definitiv ihrem Ende entgegensieht, ist jetzt zum ersten Mal international verbrieft worden – auch wenn in letzter Minute noch verwässert.
Außerdem: Über 40 Staaten haben sich dazu bekannt, keine Kohlekraftwerke mehr zu finanzieren – dazu gehören auch Staaten wie Polen, die noch vor wenigen Jahren jegliche Entfernung von der Kohle kategorisch ausgeschlossen hatten.
Methan-Initiative
Joe Biden war mit den USA vorgestoßen, um den Methan-Ausstoß weltweit bis 2030 um 30 % zu senken. Die EU zieht mit. Ein ehrgeiziges Ziel – und ein besonders wichtiges, denn Methan ist als Treibhausgas um ein Vielfaches klimaschädlicher als CO2. Innerhalb der USA will Biden das erreichen, indem u.a. erweiterte Vorschriften für neue Öl- und Gasbohrlöcher gemacht werden. Wir erkennen hier klar schon den ersten Fehler: Für das 1,5 Grad-Ziel können wir uns eigentlich gar keine neuen Bohrungen nach fossilen Energieträgern mehr leisten. Die Öl- und Gasindustrie der USA ist allerdings eine der größten Verursacher für Methanemissionen weltweit, also: immerhin…
Über 100 Staaten schlossen sich der Methan-Initiative von USA und EU an, auch Deutschland ist dabei. Schade allerdings: Indien, China, Russland und Australien nicht.
Fazit
Die nächste UN-Klimakonferenz, COP27, wird im kommenden Jahr stattfinden – wir werden sehen, wie viel bis dahin passiert sein wird. Die Regierungen, nicht nur unsere kommende Ampel-Koalition, wird sich noch jahrzehntelang an ihren Entscheidungen jetzt und in den nächsten Jahren messen lassen müssen.
Und wer noch mehr über die COP26 hören und darüber diskutieren möchte: Protect the Planet lädt herzlich zur Vortrags- und Diskussionsveranstaltung „Vom Klima-Notstand der Welt: Paris, 2015 zur globalen Klimadynamik – der Stand nach COP26?“ mit Christoph Bals von Germanwatch e.V. ein: Donnerstag, 16.12.2021, 19 Uhr.